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Thüringer Museum für Elektrotechnik
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Erkundung des Conrod - Kraftwerks

von Stephan Hloucal

Das Conrod - Wasserkraftwerk im Thüringer Schiefergebirge im Herbst 2018

Wegen notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen an der Bleilochtalsperre musste ab September 2018 an der Hohenwartetalsperre ein Hochwasserschutzraum geschaffen werden. Hierzu wurde der Stauseepegel um 5 bis 6 m abgesenkt. Dies reichte aus um den Druckstollen des ehemaligen Conrod - Kraftwerks an der Saale bei Ziegenrück, der sonst ständig unter Wasser steht, wieder begehbar zu machen.

Das Conrod Wasserkraftwerkes in Thüringen bei abgesenktem Wasserspiegel im November 2018
Bild 1: Krafthaus bei abgesenktem Stauspiegel im November 2018.

Am 20. November 2018 konnte unter sachkundiger Führung des Leiters des Vattenfall - Wasserkraftmuseums Ziegenrück, Herrn Andreas Schmidt, eine einmalige Erkundung stattfinden, denn das letzte mal zugänglich war der Stollen im Jahr 2001. Ausgerüstet mit Wagemut, Entdeckergeist, Watstiefeln, Stirnlampe und Photoapparat machte sich eine kleine Gruppe von Interessenten, darunter auch unser Schatzmeister Matthias Wenzel und der Autor, auf den Weg in das Innere des Conrod - Berges.

Einlaufbauwerk zum Druckstollen des Conrod Wasserkraftwerkes in Thüringen
Bild 2: Einlaufbauwerk zum Druckstollen.

Nach dem engen Einstieg am Einlaufbauwerk und über eine verrostete Leiter gelangten wir in den riesigen untertägigen Einlauftrichter in dessen Mitte, etwa 3 m tiefer, der Druckstollen mit ca. 3 m Durchmesser beginnt. Da der Stollen seit Jahrzehnten unter Wasser steht hatte sich überall eine dicke Schlammschicht abgelagert welche es zu überwinden galt. In der Stollenmitte hatte jedoch fließendes Wasser ein Rinne in die Schlammschicht gespült und so konnten wir durch teilweise fast knietiefes Wasser waten. Durch den Schlamm hätten wir keine Chance gehabt.

Nach etwa 640 m mündet der Stollen in einen vertikalen Verteilerschacht, von dem das Wasser in die beiden noch etwa 15 m unter dem Stollenniveau liegenden Francis-Hauptturbinen geleitet wurde. Etwa 10 m vor dem Stollenende zweigt ein weiterer Stollen ab welcher eine dritte, kleinere Turbine speiste. Das Schluckvermögen des Stollens war auf 20 m³/s ausgelegt. Bei Vollast betrug die Gesamtleistung der drei Maschinen etwa 2,5 MW.

Wasserschloss des Conrod Wasserkraftwerkes in Thüringen
Bild 3: Im inneren des Wasserschlosses des Conrod Kraftwerks.

Über in der betonierten Stollenwand eingelassene rostige Trittstufen konnte man in das imposante ringförmige Wasserschloss hinauf klettern (Bild 3). Dessen Zweck war es bei einem Schnellschluss der Maschinen den entstehenden Druckstoß und damit verbundenen Wasserschwall aufzunehmen und gegebenenfalls auch gefahrlos abzuleiten. Letztes geschah über zwei im Wasserschloss befindliche Überlauftrichter (Bild 4), welche die überschießenden Fluten über einen separaten Stollen ableiten konnten.

Überlauftrichter im Wasserschloss des Conrod Wasserkraftwerkes in Thüringen
Bild 4: Überlauftrichter im Wasserschloss.

Das von Carl Zeiss von 1920 bis 1922 gebaute Kraftwerk wurde etwa 20 m oberhalb des damaligen Wasserspiegels der Saale direkt am Steilhang errichtet, was sicher bautechnisch eine Herausforderung war. Durch den Stau der Hohenwartetalsperre ab den 1940er Jahren stieg der Wasserspiegel soweit an, das die Turbinen zu hoch unter Wasser standen. Dadurch wurde der Kraftwerksbetrieb zunehmend einschränkten und letztlich gänzlich unmöglich gemacht. 1960 wurde der Betrieb des Conrod - Kraftwerks endgültig eingestellt. Heute steht die ganze Anlage unter Denkmalschutz [1, 2]. Das Krafthaus und das Einlaufbauwerk befinden sich im Privatbesitz und sind nicht frei zugänglich (Bild 1).

Dieser Kurzbericht soll neugierig machen, auf eine ausführlichere Beschreibung des Conrod-Kraftwerks. Die technischen Daten, die interessanten Vorplanungen und weitere bislang unbekannte Fakten sollen einem weiterführenden Beitrag von Herrn Schmidt vorbehalten bleiben. Dieser wird in einer der nächsten Ausgaben unseres Newsletters ON.LINE erscheinen.

Quellen